Paul Ewald Hasse - Der frühere Alster-Trave-Canal (Hörbuch/E-Book)

Posted on Mi 07 August 2024 in video

1990 hat der Historiker Paul Ewald Hasse den Text seines Vortrags über den Alster-Beste-Kanal, den er Alster-Trave-Canal nennt, in den Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte veröffentlicht. Der Text gemeinfrei.

Ursprünglich hatte ich die Überlegung gehabt, einige Teile dieses Aufsatzes im Video über den Alster-Beste-Kanal zu nutzen. Dafür hatte ich ein wenig mit Text-To-Speech Software experimentiert. Die Audio-Ausschnitte aus dem Werk brauchte ich dann doch nicht, aber den Gedanken, mithilfe von Software-Tools wie OCR und Text-To-Speech ein E-Book und ein Hörbuch eines bisher nur in Fraktur verfügbaren Artikels von 1900 anzufertigen, fand ich dennoch reizvoll.

Ein Bonus-Hörbuch zum Video über den Alster-Beste-Kanal:

Der beste Alster-Kanal: Der Alster-Beste-Kanal (Video)

Hier also nun das Audiobuch und E-Book von Paul Edward Hasses "Der frühere Alster-Trave-Canal." aus den Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte von 1900. Der transkribierte Text ist zudem als E-Book (epub) sowie als html, markdown und pdf Datei sowie als Hörbuch (m4b-Datei) frei verfügbar.

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Man kann das E-Book, völlig unötigerweise auch bei amazon kaufen. Aber das tut natürlich nicht Sinn.

Die Sprachmodelle stolpern im Video bzw. im Audiobuch gelegentlich über die zugegebenermaßen sehr ausufernden Bandwurmsätze von Hasse. Es ist schwer vorstellbar, wie dies jemals ein Vortrag gewesen sein soll. Diese Sätze würden sicher auch einen menschlichen Vorlesenden vor erhebliche Herausforderungen stellen.

Das Originaldokument findet sich unter vlga.de/file/mvlga_09_1899_1900.pdf (auch dort ist bereits OCR, allerdings ist die Qualität nicht gut). Der Artikel wurde mithilfe von Transkribus transkribiert, händisch korrigiert und mithilfe von elevenlabs eine Audioversion erzeugt. ChatGPT und eigene Recherche wurde zum Übersetzen von Passagen in älterer Sprache herangezogen.

Einige Recherche war zudem nötig um die korrekten Währungsbezeichnungen zu finden.

Hintergrundsounds wurden ebenfalls mit elevenlabs erzeugt, Musik mit SunoAI

Da der Text selbst gemeinfrei ist und die maßgebliche Arbeit bei der Transkribierung und der Erstellung der Audiodateien von Algorithmen durchgeführt worden ist, behaupte ich, das auch diese Audioversion gemeinfrei/Public Domain ist. Sicherheitshalber stelle ich sie unter CC0, damit kann sie auf jeden Fall auf beliebige Art überall genutzt werden.

Der Text

Einleitung

Paul Ewald Hasse 1847 in Lübeck geboren und 1907 ebenda gestorben, war ein Historiker aus der Lübecker Bürgermeister- und Senatorenfamilie Overbeck. Hasse studierte in Göttingen und arbeitete später an der Universität in Kiel. 1889 kehrte er nach Lübeck zurück und arbeitete an der Auswertung von Archivmaterialien. Häufig veröffentlichte er diese in den Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte. Dort erschien im Jahr 1900 auch der folgende Text über den Alster-Trave-Kanal. Der Text ist gemeinfrei.

Der frühere Alster-Trave-Kanal (Paul Ewald Hasse)

Vorwort

Mehrfach mir ausgesprochenem Wunsche entsprechend bringe ich den nachstehenden Vortrag zum Abdruck. Er beruht zum guten Teil auf der bekannten Arbeit Lappenbergs und den Hamburger Kämmereirechnungen, verwertet aber im Weiteren die im hiesigen Staatsarchiv vorhandenen und bisher unbeachtet gebliebenen Rechnungen über den Bau des Kanals, doch ohne ihren Inhalt erschöpfen zu wollen oder zu können.

Ich hoffe, dass der Abdruck dieses Vortrages mit dem Hinweise auf die noch heranzuziehenden Quellen den Anstoß gibt, dass der interessante Gegenstand von kompetenterer Seite weiterer Untersuchung gewürdigt wird. Denn eine abschließende Forschung wird meines Erachtens nicht allein die Baurechnungen und andere noch zu nennende handschriftliche Quellen heranziehen müssen, sondern auch spezielle topographische Studien im Tal der Alster und Beste und dem dazwischen liegenden Gebiete an Ort und Stelle nicht entbehren können.

Der frühere Alster-Trave-Kanal (Der Vortrag)

Lübecks geographische Lage im südwestlichen Winkel der Ostsee ist bis in die Neuzeit für die Rolle und den Anteil, den es im Verkehre und im Warenaustausche Europas gehabt hat, bestimmend gewesen. Seine Schifffahrt, wenn man absieht von dem Handel mit Norwegen, und der darin sich entwickelnden Bergenfahrt, die eine geraume Zeit ihre Bedeutung behauptet, für den Gesamtverkehr aber doch nur in beschränkterem Maße ins Gewicht fällt, war Jahrhunderte hindurch Ostseefahrt. Eine Betheiligung unserer Stadt an der Schifffahrt der Westsee oder gar auf dem Ozean ist in nennenswerterer Weise erst mit der zweiten Hälfte des sechzehnten und im siebzehnten Jahrhunderts erfolgt, also, wie bekannt, in einer Zeit, die jünger ist als die Blütezeit der Hanse.

In unserem Hafen ward, der Hauptsache nach, zu Schiff gebracht, was der Frachtverkehr zu Lande an das Gestade der Trave geliefert hatte, oder umgekehrt, was zur See eingegangen war, durch Landfracht in das Innere des Reiches verführt. Diese doppelte Verkehrsvermittlung hat die Formen unseres kaufmännischen Geschäftes gebildet und beherrscht bis in die Gegenwart hinein, und ihm sein eigenartiges Gepräge verliehen.

Die beiden Landstraßen, die durch diesen Verkehr belebt wurden und die Hauptadern des Lübischen Handels bildeten, gegen welche keine andere an Bedeutung aufkam, führten, die eine durch das Herzogtum Lauenburg zu der Stadt gleichen Namens, die andere durch Holstein nach Hamburg, beide an die Elbe.

Früh ist erkannt worden, welche Vorteile dem Handel eine Wasserverbindung zwischen Trave und Elbe bieten müsse und schon Ende des vierzehnten Jahrhunderts ward in einem Zeitraum von sieben bis acht Jahren der Stecknitzkanal gebaut, eines der ältesten Werke solcher Art in Deutschland und in Europa überhaupt, für jene Zeit mit ihren geringen technischen Mitteln eine bewundernswerte Tat, für unsere Schifffahrt durch Jahrhunderte hindurch, trotz der vielen Krümmungen und der dadurch bedingten Länge von dreißig Meilen, seiner dreizehn Schleusen, seiner geringen Tiefe, eine Verkehrsstraße ersten Ranges.

Die Ergebnisse der Stecknitzkanalfahrt, die vor jetzt gerade fünfhundert Jahren ihren Anfang genommen hat, müssen gar bald befriedigende gewesen sein, denn noch nicht fünfzig Jahre später tauchte der Plan auf, wie hier durch Stecknitz und Delvenau, so an anderer Stelle mit Hilfe der Alster und der bei Oldesloe in die Trave mündenden Beste eine zweite Wasserbindung zwischen Trave und Elbe und in dieser Richtung auf dem kürzesten Wege zwischen Lübeck und Hamburg herzustellen.

Man wird sich und kann sich schon damals nicht verhehlt haben, dass man damit sich an ein Unternehmen heranwagte, das dem des Stecknitzkanals an Schwierigkeiten nicht nachstand, sondern deren voraussichtlich weit größere bot, das in der Scheitelstrecke die Überwindung einer fast doppelten Höhe, 97 Fuß gegen 55 des Stecknitzkanals, erforderte, dessen Wasserversorgung weit ungünstiger war, bei dem also auch die Zahl der Schleusen höher bemessen werden musste. Dagegen bot es den Vorteil, dass eine Umladung vom Kanalschiff in den Elbkahn und die Fahrt auf der Elbe von Lauenburg bis Hamburg, die beim Stecknitzkanal den Transport verlängerten, vermieden wurde.

Früh hatte sich Hamburg in Erkenntnis der Wichtigkeit, welche die Alster mit ihrer starken Strömung, namentlich im unteren Laufe, für seine städtischen Wassermühlen und die Schiffbarhaltung seines Hafens besaß, die Hoheit über den Fluß, das Recht zur Anlage von Mühlen, von Stauwehren und die Fischerei zu sichern gewußt. Auch hatte der Graf von Holstein verbrieft, die Schifffahrt auf der Alster nicht durch Zölle oder durch die Erbauung von Burgen zu beschweren oder eine solche Beschwerung durch die im Alstertal begüterten holsteinischen Adligen zu gestatten. Die Schifffahrt auf der Alster hatte von jeher für die Versorgung Hamburgs mit Getreide, mit Bau- und Brennholz, mit Torf und Asche eine keineswegs untergeordnete Bedeutung gehabt.

Im Jahre 1448, am 19. März, also gerade fünfzig Jahre nach der Eröffnung des Stecknitzkanals, schloß die Stadt Hamburg mit dem letzten holsteinischen Grafen aus dem Schauenburger Hause, Graf Adolf VIII., einen Vertrag, der wie folgt lautete:

dat wy eyne watervardt willen maken, […] so dat wy medder hulpe godes de Beste unde Alster mit eynen graven mit mer anderen owen unde wateren uppe legheller stede tho samende yn ene legden unde bringhen laten willen unde de rumen unde mit dupe unde wyde so besorghen, dat men dar myt schepen des copmans guder uppe voren moghe van Oldesloe uth der Travene wente tho Hamborg aen de Elve unde wedder uth der Elve in de Travene beth tho Lubeke.

(Dass wir eine Wasserfahrt machen wollen, so dass wir mit der Hilfe Gottes die Beste und Alster mit einem Graben, mit mehreren anderen Gräben und Gewässern an geeigneten Stellen zusammenführen und anlegen lassen wollen und die Rinnen ausreichend tief und breit anlegen, so dass man dort mit Schiffen Handelsgüter von Oldesloe über die Trave bis nach Hamburg an die Elbe und wieder von der Elbe in die Trave bis nach Lübeck transportieren kann.)

Beide Teile verpflichteten sich, Kosten und Risiko halbschiedlich zu tragen, insbesondere die der Schleusen und Dämme, der Begradigungen der Flüsse, etwaiger Verlegungen vorhandener Bauwerke, also von Mühlen namentlich und Brücken.

Den erforderlichen Landerwerb, vor Allem zur Anlage der Leinpfade, übernahm jeder für sein Gebiet zu bewirken, wir würden sagen: die Enteignung, der Ausdruck der Urkunde ist: „entvryen“, Entfreien.

Beide Teile verzichteten darauf, ohne Zustimmung der anderen an der: „watervardt“, der Wasserfahrt, eine Festung zu bauen es bezieht sich diese Bestimmung, wie deutlich, auf den Kanalgraben im engeren Sinne und auf das Tal der Beste. Beide verzichteten weiter auf das Grundruhrrecht über gestrandete Güter und Schiffe.

Der Ertrag des zu erhebenden Warenzolles wurde zwischen beiden gleichmäßig geteilt. Seinen Zoll zu Hamburg, wie den zu Oldesloe. Die bisher gezahlte Geleitsgebühr, Abgaben, die der holsteinische Graf bisher von dem Frachtverkehr auf der Landstraße zwischen Lübeck und Hamburg erhoben hatte, behielt sich derselbe auch für den Kanalverkehr vor. Aber in den Tarifsätzen wurden Landstraße und Wasserstraße gleichgestellt, es durfte nicht die eine mit höheren Sätzen belastet werden als die andere.

Über diesen Bau des fünfzehnten Jahrhunderts sind wir nur dürftig unterrichtet. Es läßt sich den Hamburger Kämmereirechnungen entnehmen, dass noch in dem Jahre des Vertragsabschlusses das Werk begonnen, 1452, 1453 daran gearbeitet wird, aber auch zu den Jahren 1465, 1484 und noch 1500 sind Ausgaben für Arbeiten an den Schleusen notiert, die jedoch sich nur auf den Oberlauf der Alster beziehen und vielleicht lediglich auf eine Aufräumung des Flusses, Reparaturen und ähnliches, nicht auf den eigentlichen Kanal zu deuten sind.

Aufgefallen ist es mit Recht, dass der Vertrag von 1448 nur zwischen dem Holsteiner Grafen und Hamburg abgeschlossen wurde und Lübeck sich daran nicht beteiligt hat. Nichtsdestoweniger hat es zum Bau des Unternehmens im ganz gleichen Maße wie Hamburg beigetragen, und ein Drittel der Kosten, die im Jahre 1452 sich bereits auf 12.000 Mark beliefen, auf sich genommen. Freilich ist es Hamburg diese Summe mehr als siebenzig Jahre schuldig geblieben.

Ob dieser Kanal je vollendet worden ist, läßt sich mit Sicherheit nicht sagen, fast scheint es, dass man der technischen Schwierigkeiten nicht hat Herr werden können, möglich ist es auch, dass Lübeck zur Zahlung seines Kostenanteils erst bei oder nach der Eröffnung des neuen Wasserweges verpflichtet war

Sei dem, wie ihm wolle, jedenfalls hat ein erstes Mißlingen den Unternehmungsgeist auf die Dauer nicht zu ertöten vermocht. Der große wirtschaftliche Aufschwung, der die zweite Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts ausfüllt und sich ebenmäßig auch über das erste Viertel des sechzehnten Jahrhunderts erstreckt, hat den Verkehr zwischen Lübeck und Hamburg und auf den die beiden Städte verbindenden Landstraßen fortdauernd gesteigert, und nach wie vor durfte die Erwägung, dass ein abgekürzter, direkter Wasserweg ihrem Handel zu Statten kommen werde, ihre Geltung behaupten.

Als nun im Jahre 1524 eine unerwartet günstige politische Lage hinzukam, dadurch, dass der bisherige Herzog von Schleswig-Holstein, Friedrich, zum König von Dänemark erhoben wurde, da nahm man von Hamburg aus den alten Gedanken wieder auf. Eine Gesandtschaft dieser Stadt, an der Spitze der Bürgermeister Doktor Hinrich Salzborch, überbrachte die Glückwünsche des Rats zur Krönung des neuen Königs nach Kopenhagen, sie benutzte die Gelegenheit, um neue Verhandlungen über den Bau eines Kanals zwischen Alster und Trave einzuleiten und fand so günstigen Boden, dass schon zwei Tage nach seiner Krönung, am 20. August 1524, König Friedrich eine urkundliche Erklärung dahin abgab, dass er in weitere Verhandlungen einzutreten bereit sei, sobald er, wie es in seiner Absicht lag, den Boden der Herzogtümer wieder betreten habe.

Das ist dann im Frühling des folgenden Jahres geschehen. Diesmal trat auch Lübeck als vertragschließender Teil hinzu, am 14. März 1525 ward ein neuer Vertrag von den drei Beteiligten zu Segeberg untersiegelt.

Man ging bei der Verhandlung auf den alten Vertrag von 1448 zurück, man fand ihn so durchaus brauchbar und zweckmäßig, dass er fast seinem ganzen Wortlaut nach in das neue Übereinkommen herübergenommen wurde und dass nur untergeordnete Ergänzungen sich als nötig erwiesen. Nur darin trat das vorwiegend städtische Interesse ganz anders als früher hervor, dass diesmal die beiden Hansestädte allein die Kosten und je zur Hälfte übernahmen. König Friedrich dagegen verpflichtete sich, wie sein Vorgänger, die erforderlichen Entfreiungen auf holsteinischem Gebiete zu übernehmen, zur Lieferung von zwölfhundert Bäumen aus seinen Forsten für den Bau der Schleusen, ebenso zur Stellung von fünfhundert Arbeitern auf je acht Tage an die Stellen, wo die städtischen Bauaufsichtsbeamten sie zu haben wünschten. Dies letztere ist nachher durch eine Geldzahlung abgelöst worden.

Als Kanalabgabe wurde diesmal ein besonderes Schleusengeld festgesetzt, in erster Linie zu deren Unterhaltung bestimmt, etwaige Überschüsse zur Hälfte an Holstein, zur Hälfte an die Städte fallend. Vorgesehen war auch der Bau von Wohnungen für die Schleusenmeister, die jeder Teil auf seinem Gebiete zu errichten zusagte. Wichtig vor allem aber ist die Neuerung, dass jeder der drei Beteiligten in der Schifffahrt auf dem Kanal beschränkt wird, insofern, dass alle nur die gleiche Zahl und mithin keiner mehr als der andere an Kanalschiffen fahren lassen durfte. Die Städte gingen darauf ein, doch wohl in der Erwartung, dass die Bestimmung dieses Artikels eine lediglich theoretische Bedeutung erhalten werde. Die gewonnene Gleichberechtigung konnte für sie und ihre Bewohner, die eine der anderen gegenüber, von Wert sein, welchen Wert sie für den König-Herzog habe oder erhalten konnte, ob er selber auf dem Kanal Schifffahrt zu treiben beabsichtigte, ob er auf einen erheblichen Anteil seiner Stadt Oldesloe oder seiner Landsassen hoffte, steht dahin. Jedenfalls ist diese Hoffnung nicht in Erfüllung gegangen.

Es war vorteilhaft für die Städte, dass der König auch diesmal sich zur Übernahme der erforderlichen Entfreiungen bereit fand und somit die Befriedigung der Anlieger, die Erledigung ihrer Ansprüche und Reklamationen, wie die Entschädigungen auf sich nahm. Als solche kamen namentlich die Besitzer mehrerer großer adliger Güter, wie Stegen, Borstel, Jersbeck und Andere in Betracht, Ahlefeldts, Reventlous, Rantzaus, unter ihnen namentlich Herr Marquard von Buchwald. Der König hielt diese Verbindlichkeit getreu ein und schloss mit Herrn von Buchwald zum Beispiel ein besonderes Abkommen. Es wurde anerkannt, dass durch die zu bauenden Stauwerke Nachteile für den Wasserstand und damit für die an den Kanal grenzenden Ländereien eintreten könnten, ebenso aber war man in der Ansicht einig, dass vor der Vollendung des Kanals eine Schätzung, wie groß diese Entwertungen sein könnten und wie hoch demnach die Entschädigungen zu bemessen sein würden, unmöglich sei. Man traf daher die sachgemäße Entscheidung, ein Schiedsgericht von acht Herren, von denen der König vier, von Buchwald die anderen vier, der erstere eventuell einen neunten als Obmann bestellte, einzusetzen, das nach der Herstellung des Kanals und nachdem die ersten vier Schiffe durchgeschleust seien, zu einer Besichtigung zusammentrete, die Sachlage feststelle und die Entschädigung bestimme.

Herr von Buchwald behielt sich außerdem die Benutzung einer Brücke, zu der der Schlüssel in seinen Händen blieb, und die Berechtigung, auf dem Kanal ein Schiff halten zu dürfen, vor. Dem Zoll blieb er wie alle übrigen unterworfen.

Dieser Schiedsspruch ist dann im Jahre 1531 ergangen und Marquard von Buchwald auf Grund desselben die Summe von 1500 Speziestalern bezahlt worden. Ähnliche Verträge müssen auch mit anderen Interessenten geschlossen sein, wir wissen von kostbaren Geschenken, die an Einzelne, wie auch an die herzoglichen Amtleute zu Trittau und Segebers während der Bauzeit gegangen sind. Sie lieferten dagegen Bauholz, stellten Fuhren und Arbeiter.

Als alle diese Verhandlungen zum glücklichen Abschluss gelangt waren, als auch zum Beispiel durch besondere Bewilligungen der Hamburger Kirchspiele ein guter Teil der Baumittel gesichert war, erwuchs dem Unternehmen ein, wie es scheint, ganz unerwartetes Hindernis.

Der Herzog Magnus von Lauenburg erhob Einspruch dagegen und erwirkte vom Reichskammergericht ein Inhibitorium. Was den Herzog zu diesem Schritte bewogen hat, ist noch nicht ganz klar, aber er mochte in doppelter Richtung Befürchtungen hegen, einmal, dass dem Stecknitzkanal, der durch sein Herzogtum führte, eine Konkurrenz erwachsen könne, die ihm den Ertrag seiner Zölle an der Niederelbe schmälern würde, sodann, dass er im Besitze seiner im Tal der Alster gelegenen Güter, wie Tangstedt und Tremsbüttel, Einbuße erleide. Namentlich wird wohl der erstere Gesichtspunkt bei ihm Besorgnisse erweckt haben. Die ersten Verhandlungen mit dem Herzog verliefen erfolglos, von irgendeiner Wirkung ist jedoch sein Protest nicht gewesen und der Beginn des Kanalbaus dadurch nicht aufgehalten worden.

Über den Bau selber fehlte es bisher an allen genaueren Nachrichten, aber im hiesigen Archiv haben sich die bisher noch nicht beachteten und verwerteten Baurechnungen erhalten, die nun allerdings in vieler Richtung einen willkommenen Einblick und eine Übersicht über den Gang der Arbeiten gewähren.

Der Bau ist, um das von vornherein zu bemerken, von Hamburg geleitet und ausgeführt, in seinen Diensten stand der Grabenmeister Hans Hesse, oder „Mester Hans“, wie er in den Rechnungen heißt. Er war der technische Leiter und Meister des Unternehmens.

Es wird an der Zeit sein, einen Blick auf die Karte zu werfen und sich die Landschaft, durch welche der Kanal geführt werden sollte, zu vergegenwärtigen. Zunächst kommt die Alster in Betracht. Sie hat ihre Quelle bei Henstedt im Amte Segeberg, fließt in ihrem Oberlaufe gegen Westen, wendet sich bei Stegen nach Süden, geht vorüber an den Dörfern, Rade, Wulksfelde, Duvenstedt, Mellingstedt, Poppenbüttel, Eppendorf, dem ehemaligen Kloster Harvestehude, und bildet bei Hamburg das breite Becken, der Großen- oder Außen-Alster, um als Kleine Alster durch mehrere Kanäle und Schleusen sich in die Elbe zu ergießen. Von beiden Seiten nimmt die Alster eine Anzahl kleinere Auen in sich auf, im Oberlaufe wird sie durch einen Bach hauptsächlich aus dem kleinen Itzstedter See gespeist. Doch ist sein Wasservorrat und ebenso der der zuströmenden Bäche ein verhältnismäßig kleiner und ist auch vor drei oder vier Jahrhunderten, trotz des damals erheblich größeren Waldbestandes, geringer gewesen, als der der Stecknitz oder Delvenau. Die Länge der Alster beträgt, nur von der obersten Schleuse bei Stegen an abwärts gerechnet, in Folge der vielen Krümmungen, nicht weniger als acht Meilen, sie hat ein starkes Gefälle, das gleich zu nennende Sülfelder Moor liegt 34 Fuß höher als die Alster bei Hude.

Die Beste, ein Nebenfluss der Trave, in welche sie sich bei Oldesloe ergießt, entspringt oberhalb des Borsteler Hofes bei Itzstedt, fließt an Borstel und Sülfeld vorüber, ist von Neritz an für Kähne schiffbar, nimmt bei Blumendorf die Süderbeste auf und bildet bis Oldesloe ein sumpfiges Wiesenthal. Sie hat ein Gefälle von etwa 42 Fuß. Es ergibt sich aus dieser Skizze, dass in beiden Flussläufen, um sie für die Zwecke des Kanals brauchbar zu machen, eine Anzahl von Schleusen notwendig war, die Hauptarbeit aber blieb ein Durchstich zwischen den beiden Punkten, in denen sich Alster und Beste am meisten näherten, mithin von Stegen nach Sülfeld, eine Strecke von gut einer Meile, die in Höhenzügen einerseits, in Moorbildungen, namentlich dem Hochmoor bei Sülfeld, bedeutende Schwierigkeiten bot.

Da die Trave bis Oldesloe für Flussprähme schiffbar war, waren für sie weitere Arbeiten nicht erforderlich.

Vom 15. März 1525 datiert, wie erwähnt, der Vertrag, der den Bau des Alster-Trave-Kanals sicherstellte, fünfviertel Jahr später schritt man ans Werk selber. Die Baurechnungen beginnen mit dem 7. August 1526 und laufen, zum großen Teil wochenweise eingetragen, bis zum 22. August 1530. Der Bau hatte mithin rund vier Jahre gedauert. Die Ausführung übernahm, wie erwähnt, wiederum die Stadt Hamburg, sie setzte zur Aufsicht einen Ausschuss ein, an dessen Spitze der Bürgermeister Dr. Salzborch mit drei Ratsherren trat und dem vier Bürger aus jedem Kirchspiel zugeordnet wurden. Zwei der letzteren übernahmen abwechselnd die Rechnungsführung.

Begonnen wurde der Bau auf der Scheitelfläche bei Nienwohlde in der Richtung auf Sülfeld. Ende November wurde der ausgehobene Graben vermessen und auf dieser Strecke die Lage der Schleusen bestimmt, man zog zu dieser Besichtigung auch den Lübecker Stadtbaumeister hinzu, man hatte Zeichnungen und Risse angefertigt („schaphlunen up papier“ ist der Ausdruck) für Graben und Schleusen, aus Holland war ein Schleusenmeister, Hermann von Kempen oder Kempermann, wie er heißt, als Sachverständiger berufen worden.

Aber auch vom nahen Stecknitzkanal zog man solche hinzu, den Schleusenmeister von Mölln ließ man kommen, um Rat zu geben, verglich die Maße der dort benutzten Balken, die beaufsichtigenden Bürger begaben sich auch selber dorthin, die Schleusen in Augenschein zu nehmen, einer der Zimmerleute wurde ebenfalls dorthin entsandt.

Bis zum Schluss des Jahres 1526 waren an Baukosten 775 Mark, 12 Schilling und 5 Pfennig ausgegeben.

Die Summe, und ebenso die noch zu nennenden erscheinen uns fast lächerlich gering, ich komme auf ihre Bedeutung und Bewertung nach heutigem Geld noch zurück. Die Ausgaben des folgenden Jahres, also des ersten vollen Baujahres, belaufen sich doch schon beträchtlich höher und im Ganzen auf 5.972 Mark, 6 Schilling und 10 Pfennig. Der Winter von 1526 auf 1527 scheint milde gewesen, die Arbeiten kaum eine Unterbrechung erfahren zu haben. Jetzt wurden sie auch auf die Alster erstreckt, zunächst eine Aufräumung des Flusslaufes von Stegen bis Wulksfelde, aber auch schon weiter abwärts durchgeführt, Abdämmungen der alten Alster, des alten Grabens, das heißt des Kanals von 1448, der also doch noch einen Wasserlauf darstellen mußte, vorgenommen, der Bau von Stauwerken begonnen.

In der Scheitelfläche nahmen die Arbeiten ihren Fortgang, aber sie haben auch an der Beste, also südlich von Oldesloe, in Angriff genommen werden können, der ganze Flusslauf wurde besichtigt und vermessen. Vor allem kam es darauf an, das Moor bei Sülfeld zu entwässern; hier sind die Arbeiten auf schwer zu bewältigende Schwierigkeiten gestoßen, mehrfach, wie erkennbar, Durchbrüche erfolgt, und es gelang in diesem Jahre nicht, sie sämtlich und endgültig zu überwinden.

Immerhin waren Ende des Jahres 1527 sechs Schleusen, zu Sülfeld und zu Nienwohlde, Stegen, Rade, bei Wohldorf und Fulsbüttel begonnen, ja es scheint, dass die letztere schon vollendet worden ist.

Noch reger war die Bautätigkeit im Jahre 1528. Die Summe der Ausgaben belief sich auf mehr als das Doppelte des Vorjahres und betrug nach den Rechnungen 12.859 Mark, 13 Schilling und 2 Pfennig.

Auf der ganzen in Angriff genommenen Strecke gingen die Arbeiten weiter, hinzutraten jetzt auch solche am Unterlaufe der Alster bei Duvenstedt und Lemsahl. Hauptschwierigkeiten erwuchsen immer wieder aus der Durchführung des Kanalgrabens durch das Hochmoor in der Scheitelstrecke, wo neue Durchbrüche, Rutschungen und Schiebungen das fertig Gewordene zerstörten. Nochmals war es erforderlich, die schon fast vollendeten Schleusen, die zum Teil so weit vorgeschritten waren, dass man die Schleusentore einhängen wollte und an anderer Stelle wirklich einhing, da die Wände sich zu schwach erwiesen und den Einsturz drohten, oder anderen Ortes das Grundwasser durchdrang, mit tieferem und festerem Fundamente zu versehen, ja an einer Stelle, bei Mellingburg, an der mittleren Alster, eine ganz andere Stelle zu wählen. Auch stellte sich die Notwendigkeit heraus, weitere Begradigungen des Flusslaufes vorzunehmen, eine größere Tiefe, als anfänglich berechnet, dem Kanalbett zu geben.

Es war doch ein schöner Erfolg, als bereits in der 116. Bauwoche, es war zwischen dem 11. und 18. Oktober 1528, in die Rechnung für Bewirtung ein Posten eingetragen werden konnte: „do dat erste schip dor de oversten kisten laten wart“ (Das das erste Schiff vor der obersten Kisten- oder Kastenschleuse angelegt hatte). Freilich eine Eröffnung der Schifffahrt war das noch nicht, aber doch ein Anfang des Gelingens.

Auch der Winter 1528/29 muss ein milder gewesen, nur zwei Wochen hindurch im Anfange des Februar 1529 hat die Arbeit geruht. Aufgewendet wurde in diesem Jahre fast der gleiche Kostenbetrag wie in dem vorhergehenden, im Ganzen mehr als 11.000 Mark.

Auf der ganzen Kanalstrecke und an beiden Flussläufen ist weiter gearbeitet worden. Auch jetzt hat es an allerlei Katastrophen und unliebsamen, die Vollendung des Werkes aufhaltenden, Zwischenfällen nicht gefehlt. Wieder kam es namentlich bei einigen Schleusen zu Durchbrüchen, eine Erhöhung der Dämme erwies sich als notwendig, nochmals wurde eine Besichtigung der Stecknitzschleusen bei Mölln vorgenommen. Man schritt jetzt dazu, was in der ersten Bauzeit nicht geschehen war, den Bau einzelner Schleusen an Unternehmer zu vergeben, so wurde die bei Neritz zu 260 Mark verdungen. Ebenso sind einzelne Kanalstrecken zur Fertigstellung in Loosen an Leute übertragen worden, die die noch erforderlichen Vertiefungen, Eindämmungen und Uferbefestigungen für bestimmten Preis vollendeten. Einzelne der Unternehmer hatten zu Zeiten mehr als 30 und 40 Arbeiter in Lohn, für deren Verpflegung Kantinenhütten eingerichtet und Wirtschafterinnen angestellt sind. Der Bau näherte sich seiner Vollendung. An den Schleusen wurden die Wohnungen für die Schleusenmeister errichtet, die Treidelstiege eingeebnet, die Brücken über den Kanal und die beiden Flüsse gebaut.

Schon in der 150. Bauwoche, zwischen dem 8. und 15. August 1529, also genau drei Jahre nach dem Beginn der Arbeiten, ist in die Rechnung eingetragen:

Heyne Carstens is gelavet, do dat arbeit angehaven wart, to gevende, 100 Mark, unde wen de schepe van Lubeck tho Hamborch konden varen, 100 Mark, so sin em gegeven 200 Mark.

(Heyne Carstens ist versprochen worden, als die Arbeit angefangen wurde, ihm 100 Mark zu geben, und wenn die Schiffe von Lübeck nach Hamburg fahren konnten, nochmals 100 Mark. So sind ihm 200 Mark gegeben worden.)

Diese Summe ist ihm jetzt ausbezahlt worden, denn in der Woche darauf, zwischen dem 15. und 22. August konnte gebucht werden:

do de 4 schepe van Lubeke myt dem ersten gude qwemen, wart Cordt Lampen unde Asmus van Minden by allen kisten gesant umme dar upsicht to hebbende der gebreke,

(Als die vier Schiffe aus Lübeck mit der ersten Ladung kamen, wurden Cordt Lampen und Asmus van Minden zu allen Schleusen gesandt, um dort Aufsicht über die Mängel zu haben.)

Das heißt, bei allen geschlossenen Kisten- oder Kastenschleusen die Aufsicht zu führen, ob sich bei dieser ersten Fahrt Mängel oder Hindernisse herausstellten.

Mit diesen, sich aus den Rechnungen ergebenden Daten steht eine in einer Hamburger Chronik sich findende Nachricht nicht in Einklang. Nach dieser hat die erste Fahrt von beladenen Kanalschiffen nicht im August, sondern erst um den 11. November, um Martini stattgefunden und dazu wird gemeldet, dass bald darauf die ganze Schleuse bei Fulsbüttel weggetrieben sei.

Selbstverständlich muss hier das Zeugnis der Baurechnung dem der Chronik vorgezogen werden, und wann der Unfall bei Fulsbüttel sich zugetragen hat, ist nicht sicher erkennbar.

Ganz vollendet ist der Kanal erst im Jahre 1530, der Bauaufwand betrug noch 2583 Mark, die Rechnung läuft noch bis zum Sonntage nach Himmelfahrt Mariä, das heißt bis zum 21. August.

Noch wurden zweihundert Bäume gefällt und zum Bau verwandt, mindestens vier Schleusen erst noch veranschlagt, eine, bei Neritz, entschieden dieselbe, die schon einmal zusammengebrochen war, musste neu gebaut, bei Mellingburg der Damm erneuert werden.

Die völlige Fertigstellung des Kanals ist mithin erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1530 erreicht worden.

Die schon zitierte Hamburger Chronik schreibt: „he hefft untellich vel gelt gekostet“ (Er, der Kanal, habe unzählig viel Geld gekostet). Daran muß man sich erinnern, von daher den Maßstab nehmen, wenn man sich die Höhe des Kostenaufwandes verständlich machen und sie auf moderne Werte zurückführen oder in solche übertragen will.

Eine Schlussrechnung, die am Ende der Baurechnung die Gesamtkosten des Kanalbaus zusammenfasst, beziffert sie nach Abzug einer Barzahlung von den Amtsleuten zu Trittau und Segeberg, als Ausgleich für die von König Friedrich anfänglich zugesagte Gestellung von Bauleuten, und einiger nachträglicher Einnahmen, auf 43.107 Mark, 11 Schilling, 2 Pfennig, die Ausgabe, die von beiden Städten zu tragen war. Lübeck hat von seiner Hälfte, von im Ganzen 21.553 Mark, 13 Schilling, 7 Pfennig, an Hamburg während des Baues nur 6000 Mark und nach Abzug des durch minderwertige Münze bedingten Abzugs, nur etwas über 5100 Mark bezahlt, blieb noch 15.556 Mark schuldig. 1545 hatte Hamburg daher noch eine Forderung von 12.000 Mark und erst in den acht folgenden Jahren ist diese Schuld mit jährlich 1.500 Mark getilgt worden.

Hinzuzurechnen zu den Kosten des Kanals und nicht gering zu veranschlagen aber ist eine Anzahl von Naturallieferungen, wie die von 1.200 Bäumen, zu der König Friedrich vertragsmäßig verpflichtet war, und die er auch geliefert hat, das auf dem Grund und Boden des Kanals selbst stehende und bei dem Bau verwandte Holz, Hand- und Spanndienste und anderes.

Die Barausgaben betrugen immerhin in runder Summe 43.000 Kurantmark. Um andere Summen aus jener Zeit in Vergleich zu stellen, sei erwähnt, dass sich im Jahre 1526, also dem ersten Baujahre, die Gesamteinnahme der Lübschen Kämmerei auf ca. 37.000 Kurantmark, die Ausgabe auf 35.000 Mark bezifferte, sich im Jahre 1550 jene auf 43.600 Mark, diese auf 35.200 Mark stellte.

Ein zweiter Vergleichsfaktor lässt sich den Baurechnungen entnehmen. Nach ihnen haben die Kanalarbeiter einen Tagelohn von 8 Witten, das heißt Weißpfennigen, von denen auf jeden 4 Pfennig gingen, nebenbei bemerkt, ein für jener Zeit sehr hoher Lohn, erhalten. Das ergibt für die Woche von 6 Tagen einen Verdienst von gerade 1 Kurantmark, oder für das Jahr 52 Kurantmark.

Nach dem Berichte unseres Gewerbeinspektors ist der Tagesverdienst eines heutigen Kanalarbeiters 3 Mark, mithin sein Jahresverdienst rund 900 Mark Darnach würde sich, da Verpflegung, wie es scheint, nicht veranschlagt zu werden braucht, ein Wertverhältnis von damaliger zu heutiger Münze von eins zu 18 bis 20 ergeben.

Berechnet man darnach die für den Alster-Trave-Kanal verausgabte Summe nach Silberwert und Kaufkraft des Geldes, um sie in moderne Währung umzusetzen, so würden sich jene 45.000 Mark auf etwa 860.000 Mark unseres Geldes veranschlagen lassen. Und fällt aber gerade in die Jahre des Kanalbaus und schon vorher eine große und allgemeine Preissteigerung, mit der eine ebenso starke Geldverbilligung Hand in Hand ging. Es wird also zutreffender sein, die damalige Mark Lübsch nicht mit 20, sondern mit 25 bis 30 zu multiplizieren, dann würde sich eine Summe von 1.075.000 bis 1.290.000 Mark heutigen Wertes ergeben. Es gehen eben über solche Fragen die Meinungen der Fachmänner noch wesentlich auseinander.

Über die Maße des Kanals, Breite und Tiefe sind wir nicht unterrichtet. Wenn an einzelnen Stellen gut zwei Ellen tief gegraben ist, so an anderen tiefer und es bleibt zweifelhaft, ob Dammhöhe oder Wassertiefe gemeint und ob sie überall die gleiche gewesen ist. Es gibt aber einen Maßstab, dass im Stecknitzkanal erst 1820 bis 1824 fünf Fuß Wassertiefe hergestellt wurden.

Die Zahl der Schleusen ist bisher für den Alsterlauf auf 12 berechnet worden, für den Kanal im engeren Sinne und die Beste auf 6, im Ganzen also auf 18. Es beruhte das jedoch zum Teil auf späteren, unsicheren Nachrichten. Tatsächlich aber scheint ihre Zahl, — die Lage einiger lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, da die Benennungen wechseln und an einzelnen Orten mehrere hinter einander gelegen haben dürften, größer gewesen zu sein. Ein endgültiges Ergebnis wird hier wohl nur eine, von einem Techniker angestellte Untersuchung der Rechnungen einerseits, des Geländes andererseits erzielen können. Bei einer vorsichtigen, vorläufigen Berechnung meine ich die Zahl der Schleusen auf etwa 26 annehmen zu sollen. Es wäre das die doppelte Zahl des alten Stecknitzkanals. Nach ihrer Art unterschied man: geschlossene Schleusen, Kisten genannt, also Kisten- oder Kastenschleusen, Fangschleusen, bei denen zur Erzielung besserer Wasserbewegung die Flussbreite durch Einbauten lokal verengt wurde und einfache offene Stauschleusen. Ein mehrmals vorkommender Ausdruck: „valenslusen“ bietet der Sprachforschung Schwierigkeiten, die noch nicht überwunden sind. Die Zahl der Brücken hat, abgesehen von den innerhalb der Stadt Hamburg liegenden, wahrscheinlich ebenfalls 26 betragen.

Zu derselben Zeit, als Lübeck und Hamburg Elbe und Trave durch eine Wasserstraße zu verbinden sich vereinigt hatten, ist auch in Mecklenburg der Gedanke aufgetaucht, von Wismar aus durch den Schweriner See und die Elde eine Wasserverbindung von der Ostsee nach der Elbe zu schaffen. Das Unternehmen ist auch begonnen, aber nicht zu Ende geführt worden.

Wichtig und von großem Interesse wäre es, die Frage zu beantworten, wie sich nun der Schiffsverkehr auf dem neuen Kanal entwickelt und gestaltet hat. Dazu fehlt jetzt leider das Material gänzlich. Der große Hamburger Brand von 1842 hat die früher im dortigen Archiv vorhandenen Rechnungen über das erhobene Schleusengeld, ebenso die Register der Waldherren und des Alstervogtes vernichtet, und die im Schleswiger Archiv befindlichen Aufzeichnungen über den zu Oldesloe erhobenen Zoll reichen nicht bis in die erste Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts zurück.

Wir können aus den erhaltenen Zeugnissen nur so viel erkennen, dass sich an den Schleusen und auch an anderen Bauwerken des Kanals bald große Schäden herausstellten, die zur Wiederherstellung namhafte Summen erheischten, die aus den Erträgnissen des Schleusengeldes nicht ihre Deckung fanden. Wir wissen auch, dass es die Holsteinischen, an den Ufern des Kanals und der beiden Flüsse begüterten Adligen an Plackereien nicht fehlen ließen, gelegentlich Kähne anhielten, Zoll und Stättegeld erheben wollten, auch wohl einmal einen Schleusenmeister erschlugen.

Nur etwa 20 Jahre hat der Alster-Trave-Kanal seinem ursprünglichen Zwecke, eine Wasserstraße zwischen Elbe und Trave zu bilden, gedient, bis 1550 hin ist er auf durchgehender Fahrt befahren worden. 1612 waren schon manche Schleusen gänzlich zerfallen, andere nicht einmal mehr ihrer Lage nach bekannt.

Aber nicht allein durch die Störungen der Holsteinischen Adligen, nicht allein durch die Unzulänglichkeit der Bauwerke ist der Erfolg des Unternehmens zuerst beeinträchtigt und dann schließlich vernichtet worden. Der Hauptgrund war, dass um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts der Weg zwischen Lübeck und Hamburg überhaupt einen Teil seiner alten Bedeutung verlor, dass die sogenannten Stapelgüter ihn nicht benutzten, sondern auf anderen Richtungen und in nicht-hansischen Schiffen Beförderung fanden.

Mit einem Wort: Das Unternehmen war zu spät begonnen und vollendet worden. Wenn die durch dasselbe erreichte verbesserte Schiffbarmachung der Alster für Hamburg und das Alstertal auch noch in einer späteren Zeit Vorteil gebracht hat, so war und blieb das eben ein Lokalverkehr

Dem Anfangsgedanken: eine Wasserstraße auf dem kürzesten Wege, von Meer zu Meer, von Seehafen zu Seehafen zu schaffen, ist die dauernde Verwirklichung nicht beschieden gewesen. Doch auch so bleibt der einstige Alster-Trave-Kanal ein schönes Zeugnis für den Unternehmungsgeist und die Tatkraft unserer Vorfahren.

Zu den Quellen:

  1. Im allgemeinen Staatsarchiv zu Schleswig finden sich zwei Aktenbände: 1. Reichskammergerichtsakten in Sachen Herzog Magnus zu Sachsen-Lauenburg kontra die Städte Lübeck und Hamburg und König Friedrich von Dänemark wegen Aufwerfung eines Grabens in der Nähe von Oldesloe.

  2. Lauenburgische Akten betreffend Irrungen über Anlage einer neuen Wasserverbindung etc. der Alster mit der Beste. 1523 bis 1528.

Wie es scheint, weist auch die Handschrift: S. H. 181 F. F. F. der Kieler Universitätsbibliothek (siehe Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 5. Seite. 610) den Weg für weitere Geschichtsforschung.

Des Weiteren: Lappenberg: Historischer Bericht über Hamburgs Rechte an der Alster. Hamburg 1859.

Darnach: Junghans: Zur Geschichte der Kanalverbindungen zwischen Ostsee und Nordsee im 14., 15. und 16. Jahrhundert in den Jahrbüchern für die Landeskunde der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Band 7. Seite. 555 bis 540.

Christian Walther: Eine ungedruckte Urkunde vom Jahre 1526, Juni 5. den Alster-Trave-Kanal betreffend, in den Mittheilungen des Vereins für Hamburgische Geschichte Sechs. Seite. 161 bis 169.

Nachbemerkung

Wenn Hasse bemerkt, dass dem Anfangsgedanken, eine Wasserstraße auf dem kürzesten Wege, von Meer zu Meer, von Seehafen zu Seehafen zu schaffen, die dauernde Verwirklichung nicht beschieden gewesen sei, so gilt dies natürlich nur für dieses spezielle Vorhaben.

Der Eiderkanal wurde 1784 eröffnet und führte von Kiel über einen Kanal zur Eider und bei Tönning in die Nordsee. Bereits 1895, also einige Jahre bevor dieser Vortrag gehalten wurde, öffnete der Nachfolgekanal, der Kaiser-Wilhelm-Kanal, heute Nord-Ostsee-Kanal, der von Ost- zu Nordsee führte. Aber eben auch nicht ab Lübeck, sondern ab Kiel. Auch damals war die ehemalige Strecke des Alster-Beste-Kanals noch einmal evaluiert worden. Stattdessen erfolgte ab 1900 der Ausbau des Stecknitzkanals zum Elbe-Trave-Kanal, der heute unter dem Namen Elbe-Lübeck-Kanal bekannt ist.

Der Nord-Ostsee-Kanal ist heute die meistbefahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße der Welt. Die wirtschaftliche Bedeutung des Elbe-Lübeck-Kanals ist hingegen eher gering.

Die Berechnungen Hasses darüber, wie teuer heute der Kanal sei, haben gut ein Jahrhundert später natürlich ihre Relevanz verloren. Sie lassen sich, aufgrund der komplexen Währungsumrechnungen, auch nur schwerlich nachvollziehen.

Es lässt sich festhalten, dass die Kosten für den Kanal mit 43.107 Mark etwa die Größe eines Jahresbudgets der Hansestädte Hamburg oder Lübeck hatten. Man könnte also diese als Vergleich heranziehen: Lübecks Jahresetat liegt heute bei etwas unter einer Milliarde Euro, der der Stadt Hamburg bei gut 18 Milliarden Euro.

Da die 43.107 Mark die Kosten der Dänischen Krone nicht beinhalten, genauso wenig wie die Kosten des ersten Versuchs den Kanal zu bauen, könnte man vermutlich sagen, dass der Alster-Trave-Kanal, umgerechnet in die Kosten des frühen 21. Jahrhunderts, ein Milliardenprojekt gewesen wäre. Vergleichbar mindestens den 866 Millionen der Elbphilharmonie, vielleicht aber auch Multi-Milliarden-Euro-Projekte wie dem Flughafen Berlin-Brandenburg oder dem Bahnhof in Stuttgart.

Bei nur zwanzig Jahren Betriebszeit sicherlich ein sehr teures Infrastrukturprojekt.