Der beste Alster-Kanal: Der Alster-Beste-Kanal

Posted on Mi 17 Juli 2024 in video

Im Spätmittelalter versuchte Hamburg einen Kanal in Schleswig-Holstein zu bauen. Für die Zeit ein echtes Infrastruktur-Großprojekt. Was davon übrig ist, habe ich mir angesehen.

Dies ist ganz offensichtlich eine Hommage an die Videos des großartigen Tim Traveler (und mit Hommage meine ich Kopie. Es ist mehr oder weniger eine Kopie). Tim macht, finde ich, so ziemlich die besten Travel-Videos. Unbedingt alle ansehen.

Fehler findet ihr auf der Errata-Seite.

🕵 Quellen und Referenzen 🕵

Ausschnitte aus:

  • Ein Kernkraftwerk verschwindet (SWR; 2019)
  • Zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke: Bahn rechnet mit sieben Milliarden Euro (BR24; 2022)
  • Stromtrassen: Netzausbau hinkt Jahre hinterher (BR24; 2022)
  • Lösungssuche nach Arbeitsstopp am Hamburger „Elbtower“ (Tagesschau; 2023)
  • Söder kündigt "über 1.000 neue Windräder" an I ZDF-Sommerinterview (ZDF; 2022)

🎥Gedreht in🎥

  • Euskirchen
  • Hamburg
  • Karlsruhe
  • Kerpen
  • Lauenburg
  • Lübeck
  • Neritz
  • Nienwohld
  • Schönefeld
  • Sülfeld
  • Stuttgart
  • Witzeeze

♪ Musik ♪

  • Frank Schröter - Medieval 2 (Licensed via. https://filmmusic.io/song/9147-medieval-2)
  • Alexander Nakarada - Uplifting Ballad (Licensed via. https://filmmusic.io/index.php/song/4719-relaxing-ballad)

Assets

🙏Danke🙏

Dank geht raus an Hannes, Fabi, Jakob, Malte und Svø für Feedback und Ideen.

Dies ist ganz offensichtlich eine Homage an die Videos des großartigen Tim Traveler (und wenn ich Homage schreibe, meine ich Kopie. Es ist eine Kopie.) Tim macht, meine ich, so ziemlich die besten Travel-Videos. Unbedingt alle ansehen.

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🌐 Geo-Data 🌐

"Europe coastline shapefile" from the European Environmental Agency at https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/data/eea-coastline-for-analysis-1/gis-data/europe-coastline-shapefile find more open data from the EEA at https://www.eea.europa.eu/en/datahub

"EU-Hydro – River Network Database, Version 1.3" form the European Environment Agency at https://land.copernicus.eu/imagery-in-situ/eu-hydro/eu-hydro-river-network-database Access to data is based on a principle of full, open and free access as established by the Copernicus data and information policy Regulation (EU) No 1159/2013 of 12 July 2013. Find more Data on the Copernicus Hub at https://land.copernicus.eu/

"EuroDEM (digital elevation model)" from EuroGeographics at https://www.mapsforeurope.org/datasets/euro-dem . Find more Datasets from EuroGeographics under https://www.mapsforeurope.org/access-data - This dataset includes Intellectual Property from European National Mapping and Cadastral Authorities and is licensed on behalf of these by EuroGeographics. Original dataset is available for free at https://www.mapsforeurope.org. Terms of the licence available at https://www.mapsforeurope.org/licence All attribution statements can be found at https://www.mapsforeurope.org/attributions.

"Geonames - All Cities with a population greater 1000" from GeoNames at https://public.opendatasoft.com/explore/dataset/geonames-all-cities-with-a-population-1000/table/?disjunctive.cou_name_en&sort=name provided under CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). Find out more at https://www.geonames.org/about.html

"Viabundus Pre-modern Street Map 1.2" from Bart Holterman et al. (ed.) (released 21-9-2022) from http://www.landesgeschichte.uni-goettingen.de/handelsstrassen/index.php#download. Released under CC BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/). Find out more about the project at https://www.viabundus.eu.

"See-Wasserkörper" from Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Schleswig Holstein at https://opendata.schleswig-holstein.de/dataset/see-wasserkorper. published under Datenlizenz Deutschland Namensnennung 2.0 (https://www.govdata.de/dl-de/by-2-0) by Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume ( LLUR)). Find more Open Data from Schleswig-Holstein at https://opendata.schleswig-holstein.de/dataset

"Waterbody-DE" from Bundesanstalt für Gewässerkunde at https://geoportal.bafg.de/inspire/download/HY/waterbody/datasetfeed.xml - Copyright: "WasserBLIcK/BfG & Zuständige Behörden der Länder, 2023-04-03." Visit https://geoportal.bafg.de/CSWView/od.xhtml for all open data from the Bundesanstalt für Gewässerkunde

"River basin district (Flussgebietseinheiten-DE)" from Bundesanstalt für Gewässerkunde at https://geoportal.bafg.de/inspire/download/AM/riverBasinDistrict/datasetfeed.xml Copyright: "WasserBLIcK/BfG & Zuständige Behörden der Länder, 2022-04-14." Visit https://geoportal.bafg.de/CSWView/od.xhtml for all open data from the Bundesanstalt für Gewässerkunde

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FADE IN:

Die Kamera bewegt sich im P.O.V. einer Person durch Hamburg

EXT. HAMBURG RATHAUS, ALSTER

LUKAS (V.O.)

Hallo und Moin aus Hamburg. Es ist ein sonniger Herbsttag und ich bin auf dem Weg mir ein völlig überteuertes Großprojekt anzusehen.

INT. S-BAHN (HAMBURG) (TAG)

(Die Kamera filmt LUKAS ins Gesicht während er Bahn fährt, die Elbphilharmonie kommt hinter ihm ins Bild.)

LUKAS (V.O., CONT.)

... Nein, nicht die Elbphilharmonie. Ein Großprojekt so ambitioniert, dass die Hansestadt Hamburg fast einen Jahresetat investierte und dessen Scheitern die Stadt beinahe finanziell ruiniert hätte.

EXT. JUMP CUTS VERSCHIEDENE BAHN UND BUS TÜREN. (TAG)

(Man sieht S-bahn Türen öffnen, Bus-Fahrt, ein paar Shots POV durch diese gehend gehen.)

EXT. EIN BACH (TAG)

LUKAS (V.O., CONT.)

Dies hier.

VORSPANN

EXT. AUFNAHMEN IN SÜLFELD (TAG)

LUKAS (V.O.)

Dies ist Sülfeld in Schleswig-Holstein. Aufmerksame Zuschauer*innen mögen anmerken, dass dies nicht Hamburg ist, und da haben sie recht.

(Einblendung: "Nicht Hamburg")

LUKAS (V.O., CONT)

Was soll ich sagen: Wenn man als Stadt so richtig ein Großprojekt versemmeln möchte, dann lieber etwas außerhalb...

CUT-TO:

EXT. FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG (TAG)

(zirpende Grillen)

CUT-TO:

EXT. KIRCHE SÜLFELD (TAG)

LUKAS (V.O.)

und der Alster-Beste-Kanal ist so etwas, wie das Urprojekt der versemmelter Großprojekte. Heute führt ein Wanderweg ziemlich genau die Route des Kanals entlang.

(Die Kamera beginnt sich nun zu bewegen)

LUKAS (V.O., CONT)

Zeit für einen kleinen Spaziergang.

LUKAS

(Selfie-Shot im gehen durch Sülfeld)

Der Transport von Gütern ist im Mittelalter zeitaufwendig, beschwerlich, gefährlich und vor allem kostspielig [2,3]. Städte deren Handel insbesondere auf dem Import und Export von Waren beruht, sind daher interessiert, diese Prozesse zu optimieren. Hamburg und Lübeck sind zwei solche Städte. Um den Handel zwischen den beiden Städten einfacher zu gestalten, plante Hamburg einen Kanal der beide Städte verbinden soll. Der Transport auf dem Wasser war zwar langsamer, aber Schiffe können größere Lasten tragen und deswegen ist es dennoch effizienter. Und Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts ist man erneut hoffnungsvoll, dass ein solcher Kanal gebaut werden kann. Denn Lübeck hat es gerade geschafft. Lübeck hat den Stecknitzkanal gebaut.

TITLECARD: Der Stecknitzkanal

KARTE:

(animation Landkarte: Karte zwischen Hamburg und Lübeck, Lauenburg unten rechts, Segeberg oben links. Langsamer Zoom eher auf Lübeck und Lauenburg. Delvenau und die Stecknitz schlängeln sich jeweils bis ca nach Mölln, aber eine Verbindung existiert nicht.)

LUKAS (V.O.)

Bis Ende des 14. Jahrhunderts wurde Salz aus Lüneburg ab Lauenburg beschwerlich auf dem Landweg nach Lübeck transportiert. Auch dies war für die Hansestadt Lübeck bereits unglaublich profitabel. So entschied sie sich 1390, auf dem Höhepunkt ihrer bisherigen politischen und wirtschaftlichen Macht im Ostseeraum die Flüsse Stecknitz und Delvenau schiffbar zu machen und einen Kanal zu graben, um beide Flüsse zu verbinden.

Am 24. Juni 1390 schlossen die Stadt Lübeck und Herzog Erich IV von Sachsen Lauenburg die notwendigen Verträge und Lübeck beginnt mit dem Bau. Obwohl die Arbeiten fast vollständig auf dem Gebiet des Herzogtums stattfanden, übernahm Lübeck die Kosten. Dafür wurde Lübeck garantiert, die ersten 17 Jahre alle Profite z.B. durch Zölle, zu erhalten.

Um die beiden Flüsse zu verbinden, musste ein ca zwölf km langer Graben etwas südlich von Mölln geschaffen werden. Mit diesem Graben entstand der erste Kanal der die Wasserscheide zwischen Ost- und Nordsee überwand. Also zwischen einem Flussystem dessen Wasser in die Nordsee gelangt (dem der Elbe), und einem Flussystem, dessen Wasser in die Ostsee gelangt (dem der Trave).

1398 ist der Kanal fertiggestellt und die Kassen in Lübeck klingeln, als die ersten Schiffe von Lauenburg, beladen mit Lüneburger Salz, die Salzspeicher befüllen. Mit dem Stecknitzkanal wurde Lübeck zum de facto Monopolisten beim Salzhandel im Ostseeraum und untergrub die Bestrebungen von Hamburg und Wismar in den lukrativen Handel einzusteigen. Aber in der Hansestadt an der Alster hatte man gut aufgepasst.

Bisher wurden Güter zwischen Hamburg und Lübeck beschwerlich auf dem landweg durch Stormarn gebracht, doch ein Blick auf die Landkarte offenbarte eine scheinbar vergleichbare Gelegenheit, dies zu ändern.

CUT-TO:

EXT. EIN BACH (TAG)

TITLECARD: 1448

LUKAS

Das ist der nördliche Arm der Beste bei Sülfeld. Von hier fließt das Wasser in Bad Oldesloe in die Trave und dann nach Lübeck. Um also Lübeck und Hamburg zu verbinden galt es eine Verbindung zu dem etwa acht Kilometer südwestlich liegenden Gut Stegen zu graben. Für den Stecknitzkanal hatte man sogar zwölf Kilometer überwinden müssen, insofern erschien es wie eine machbare Aufgabe.

(P.O.V. Shot auf dem Wanderweg, andere Aufnahmen der Gegend)

LUKAS (V.O.)

1448 einigen sich Hamburg und Graf Adolf I. von Holstein auf den Bau des Kanals auf Hamburgs Kosten, und die Bauarbeiten begannen. Schnell aber zeigte sich das erste Problem. as Gebiet zwischen Stegen und Sülfeld ist ein Moor. Immer wieder sackten die Uferbefestigungen ein. Die Bauarbeiten erwiesen sich als schwieriger und teurer als erwartet. In Hamburg war man aber nicht bereit, auf das Prestigeprojekt zu verzichten. Die Kosten stiegen, verschlungen einen immer größeren Anteil des Budgets der Stadt.

CUT-TO:

EXT. FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG (TAG)

(zirpende Grillen)

CUT-TO:

SÜLFELD (TAG)

(Aufnahmen aus dem Ort)

LUKAS (V.O.)

Ein zweites Problem war die Topografie der Route. Auch Sülfeld liegt auf der Wasserscheide zwischen Nord- und Ostsee, welche bereits der Stecknitzkanal überwinden musste.

(Einblendung einer Karte)

LUKAS (V.O., CONT)

Befand sich allerdings das zu verbindende Stück bei Mölln auf einem relativ ebenen eiszeitlichen Höhenrücken, so ist es bei Sülfeld deutlich hügeliger. Von der Alster bis nach Sülfeld muss der Kanal auf ca sieben km acht Meter steigen, dann in den wenigen hundert Metern, bis zur Norder-Beste, neun Meter fallen.

(Aufnahmen vom Kanal)

LUKAS (V.O., CONT)

Ohne moderne Schiffshebewerke war dies lediglich mithilfe von zahlreichen Schleusen möglich, die alle gebaut und danach gepflegt werden mussten.

1452 musste Hamburg die Bauarbeiten aus finanziellen Gründen einstellen. Einige Schleusen, Kanalabschnitte und Brücken waren zwar gebaut worden, können aber nicht genutzt werden und verfielen in den Folgejahren.

CUT-TO:

EXT. SO-DA-BRÜCKE (TAG)

(zirpende Grillen)

LUKAS

(Selfie-Shot auf dem Wanderweg)

Hamburg aber gibt den Plan nicht so leicht auf. 1524 regiert ein neuer König, Friedrich I. von Dänemark, das Gebiet nördlich von Hamburg und zusammen mit ihm und der Hansestadt Lübeck möchte man es nochmal versuchen. Diesmal sollen sich die beiden Hansestädte die Kosten aufteilen.

TITLECARD: 1448

LUKAS (CONT)

Die Probleme sind die alten. Das Moor macht Arbeiten schwierig, und aufgrund der Höhenunterschiede sind viele Schleusen notwendig. Außerdem müssen sich die Bauherren mit verschiedenen Regionalfürsten entlang der Trasse herumschlagen, welche zwar langfristig von dem Infrastrukturprojekt profitieren würden, jetzt aber, wahrscheinlich in Hoffnung auf Zugeständnisse und finanzielle Entschädigung, ersteinmal protestieren.

CUT-TO:

MARKUS SÖDER

(zirpende Grillen)

LUKAS (CONT)

Die Regionalfürsten werden reichlich beschenkt, ihnen werden sogar private Brücken über den Kanal versprochen. Trotzdem sabotieren sie das Projekt in den nächsten Jahren immer wieder.

CUT-TO:

MARKUS SÖDER

(zirpende Grillen)

LUKAS (CONT)

Zudem klagt Herzog Magnus I. von Sachsen-Lauenburg am Reichskammergericht des Heiligen Römischen Reichs gegen das Projekt. Er befürchtet das bei Fertigstellung weniger Ware die Elbe aufwärts von Hamburg nach Lauenburg kommt um über den Stecknitzkanal nach Lübeck transportiert zu werden, und er deswegen weniger Zolleinnahmen hat.

(Einblendung einer Karte)

LUKAS (CONT)

Hamburg versucht also vor Gericht zu beweisen, dass der Herzog nicht klagen kann, und legt eine Karte vor, die zeigt, dass kein Teil des Projekts, auf dem Land des Herzogtums verläuft. Diese Karte ist heute die älteste, erhaltene Karte von Schleswig-Holstein.

(Aufnahmen vom Kanal)

LUKAS (V.O.)

Im August 1529 wurde, trotz allem, der Kanal fertiggestellt. Er war nur wenige Meter breit und dürfte an einigen Stellen kaum einen Meter tief gewesen sein. Die Sabotage durch die Gutsherren ging aber weiter. Baumstämme wurden über den Kanal geworfen, Bewaffnete verhinderten, dass sie entfernt wurden. Wohl auch wegen dieser Gefahren blieb der Kanal vermutlich wenig genutzt.

1549 wird in Neritz der Schleusenwärter erschlagen. Kurz darauf wurde der Kanal an verschiedenen Stellen zugeschüttet. Nach zwanzig Jahren Betrieb verfiel der Alster-Beste-Kanal zum zweiten und letzten Mal.

TITLECARD: Nachspiel

LUKAS (V.O.)

Die Idee des Kanals kam in den folgenden Jahrhunderten gelegentlich wieder auf. Spätestens mit dem Einzug des Güterverkehrs auf der Schiene und dem Ausbau des Stecknitzkanals zum Elbe-Lübeck-Kanal aber, erledigt sich das Thema. 1873 ließ Hamburg ein Gutachten aufgeben, um ein letztes Mal zu prüfen, ob ein solcher Kanal gebaut werden sollte. Es bleibt beim Gutachten.

Heute sind die wenigen Stellen, an welchen das Flussbett noch gut zu erkennen ist, als archäologisches Denkmal geschützt. Wer dieses mittelalterliche Überbleibsel gescheiterte Bauprojekte besichtigen möchte, kann dies sehr einfach tun. Entlang der ehemaligen Treidelgasse zwischen Sülfeld und Stegen liegt heute ein acht Kilometer langer Wanderweg. Wer ihn gehen will, nimmt an besten einen Bus aus Bad-Oldesloe nach Neritz, Sülfeld oder Borstel.

Wer lieber von Hamburg aus starten möchte, kann auch dort an der Alster entlang gehen und einige der bis heute erhaltenen Schleusen ansehen. Viel Spaß beim Wandern. Danke für's zuschauen. Bis nächstes Mal.

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CC Attribution-NonCommercial 4.0 International (CC BY-NC 4.0)

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