FADE IN:
EXT. CRIVITZ - - TAG
Verschiedene Aufnahmen aus der Stadt Crivitz. Klavirmusik.
LUKAS (V.O.)
Hallo aus Crivitz, einer kleinen Stadt im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern rund 20 Kilometer östlich der Landeshauptstadt Schwerin. 4.780 Einwohner:innen...
TITLE CARD:
Einblendung: Stand 2020
LUKAS (V.O.) (CONT.)
wohnen in einer Stadt mit einer fast 1000-jährigen Geschichte. Einer Geschichte, in welcher, wenn man sich in der Stadt umschaut, wohl das wichtigste Ereignis ist, dass es am Mittwoch, dem 5. September 1792 Fische regnete.
long beat
Aber deswegen bin ich nicht hier.
CUT-TO:
Die Musik endet. Verschiedene Videoaufnahmen von Wegen in Crivitz, alles P.O.V.
LUKAS (V.O.) (CONT.)
Der Grund für meinen Besuch liegt einige Kilometer außerhalb von Crivitz.
VORSPANN.
FADE TO BLACK
Auf einem Kleinen Teil des Bildschirms aufnahmen aus der Doku Waldschlösschen.
TITLE CARD:
“Das Waldschlösschen” (1991): Buch, Regie: Heinz Brinkmann, Jochen Wisotzki
AUS DER DOKU (2:40 bis 3:09)
Der Sinn? Der Sinn der geschützten Führungsstelle bestand eigentlich darin, dass in Zeiten einer möglichen Spannungsperiode, insbesondere aber in Zeiten kriegerischer Konfliktsituationen eine unmittelbare Führung von Diensteinheiten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit garantiert werden sollte.
CUT-TO:
Wieder erschiedene Videoaufnahmen von Wegen in Crivitz, alles P.O.V.
LUKAS (V.O.)
1967 ließ der Verteidigungsrat der DDR die "Direktive 1/67" ausarbeiten. Ein streng geheimer Aktionsplan, welcher im Fall einer Spannungsperiode sicherstellen sollte, dass das Land weiter regiert werden konnte. Was eine Spannungsperiode war, blieb dabei einigermaßen offen, alles zwischen einem Volksaufstand, wie 1953, oder auch einem Atomkrieg kam infrage.
CUT-TO:
Einblendung des PDF, hervorhebung
TITLE CARD:
Direktive 1/67 (1967)
DIRETIVE 1/67
Der imperialistischen Aggressionspolitik wohnt die Tendenz der Eskalation bis zum Äußeren inne. Der westdeutsche Imperialismus ist bereit, im Interesse der Ausdehnung seines Machtbereiches unter Umständen einen Atomkrieg zu entfesseln.
CUT-TO:
Gehen.
LUKAS (V.O.)
Berüchtigt ist die Direktive 1/67 insbesondere für die Entscheidung Listen von Kritiker:innen und Opositionellen zu führen und bereit zu sein diese im Falle einer Spannungsperiode innerhalb kürzester Zeit internieren zu können. Viele Tausend Menschen fanden sich bis 1989 auf diesen Listen. Duzende Internierungslager konnten von der Stasi mit einem Befehl aktiviert zu werden.
Ebenfalls zur Direktive gehörte aber auch die Schaffung von Ausweichführungsstellen aus welchen das Land sogar im Atomkrieg noch geführt werden konnte. Unter dem Codenamen “Filigran” wurde ab 1968 zu diesem Zweck überall in der DDR mit dem Bau von Bunkern begonnen.
CUT-TO:
Einblendung des PDF, hervorhebung
TITLE CARD:
Direktive 1/67 (1967)
DIRETIVE 1/67
Operative Ausweichführungsstellen sind Einrichtungen (Schutzbauten), von denen aus die zentrale politisch-operative Führung des Ministeriums für Staatssicherheit und die politisch-operative Führung der Bezirksverwaltung unter den Bedingungen des Verteidigungszustands erfolgt. Sie sind in Friedenszeiten unter strengster Wahrung der Konspiration in den bestätigten Ausweichräumen vorzubereiten und technisch auszustatten.
CUT-TO:
Wieder Bilder vom gehen. Lukas kommt an einem Zaun an, dort stockt das Voice Over.
LUKAS (V.O.)
In Crivitz begann der Bau der Anlage unter strengster Geheimhaltung 1972 und wenn man auf das Geldände...
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Wertermittlung für das Grundstück “Ausbildungsgelände” Gädelbahn, Crivitzer Chaussee (1990)
EINE STIMME
Der Zaun besteht aus Stahlbetonfosten und Maschendrat unverzinkt 2,00 m hoch, mit Übersteigschutz bestehend aus 3 Reigen Stacheldraht. Die Zaunpf(HIER VERMUTLICH ABBRECHEN)osten sind nicht einbetoniert. Die zwei vorhanden Tore bestehen aus Winkelstahlrahmen mit Msschendrahtbespannung und ebenfalls Übersteigschutz. (mitten im Satz abbrechen)
Lukas geht einfach am Zaun vorbei.
LUKAS (V.O.) (CONT)
...und wenn man auf das Geldände geht sieht man noch die oberirdischen Gebäude, Wohnhäuser, Garagen und Lagerhallen des Komplexes.
TITLE CARD:
“Das Waldschlösschen” (1991): Buch, Regie: Heinz Brinkmann, Jochen Wisotzki
AUS DER DOKU (2:40 bis 3:09)
Ausgelegt ist ansich die Führungsstelle vom Besatz her für ca. 90 Personen. Die angenommene Möglichkeit einer Unterbringung, ich sage mal des Überlebens, damit meine ich jetzt nur des Abwendens von Druckwellen, nicht des unmittelbaren Beschießens, des Raketentreffers und Drum und Drann, nur das Abhalten von Druckwellen, wäre eben dann eine Überlebenschance, war die Errechnung, von fünf Tagen.
LUKAS (V.O.) (CONT)
1400 Quadratmeter groß war die unterirdische Kommando- und Nachrichtenzentrale. Der Zugang zum Bunker extra durch eine Werkshalle getarnt. Unterkünfte, Küchen, Büros, Krankenstation: Alles war vorhanden für die Personen, die im Ernstfall, hier in der Ausweichführungsstelle gearbeitet hätten.
Bis in die späten 80er Jahre wurden die Anlagen und der Bunker regelmäßig instand gesetzt.
Nach einigen Aufnahmen vom Boden langsamer Wechsel zu Drohnenaufnahmen und Musik.
Vergleiche mit den Konstruktionszeichnungen beim Überflug.
LUKAS (V.O.) (CONT)
Im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR besetzte die "Politische Bürgerinitiative" auch in Crivitz verschiedene Gebäude der Staatsicherheit. Unterlagen wurden sichergestellt und die Tätigkeiten des Geheimdienstes dokumentiert. Von dem Bunker wussten die Aktivist:innen nichts, wohl aber von einem militärischer Übungsstand der Staatsicherheit außerhalb der Stadt. Als Mitglieder der Bürgerinitiative sich am 11. Januar 1990 dem Gebiet näherte versperrten schwer bewaffnete den Zugang und es wurde klar, dass sich etwas bedeutenderes als einen Schießstand im Wald bei Crivitz verbarg.
Um zu verhindern, das Dokumente entfernt werden konnten bewachte die Bürgerbewegung daraufhin den Eingang zum Gelände. Nebeneingänge wurden zugeschüttet. 24 Stunden am Tag standen Protestierende mit Kerzen und Transparenten am Eingang. Bis zu 500 Personen beteiligen sich.
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“Das Waldschlösschen” (1991): Buch, Regie: Heinz Brinkmann, Jochen Wisotzki
PASTOR HEINRICH RATHKE
Und dann habe ich über den Militärstaatsanwalt erreicht, dass ich als erster allein auf dieses Gelände kam. [...]] Das erste Mal wollte der Militärstaatsanwalt nicht aussteigen, weil ja hier diese furchtbar scharfen Hunde liefen. Und er wusste ja, was hier ist. Ich sagte: Sie haben wenigstens 'ne Pistole. Nun steigen sie mal aus, ich hab nur mein Gottvertrauen.
Aber die Sache war wahrscheinlich deshalb ein bisschen kritisch: Das ist offenbar der erste entsprechende Bunker, der im Bereich der DDR aufgedeckt wurde.
Wieder Bilder vom gehen in P.O.V. am Ende stellt sich aber herraus, das diese nicht aus Crivitz sind, sondern aus der Umgebung des Regierungsbunkers im Aartal.
LUKAS (V.O.)
Nach dieser Besichtigung mussten die Mitarbeiter der Staatssicherheit abziehen. Die Nationale Volksarmee übernahm das Gelände. Die Angst vor dem Atomkrieg verschwandt über die Jahre, die Gebäude verfiehlen. Heute ist der Bunker nur noch von Fledermäusen bewohnt und nicht mehr zugänglich.
LUKAS (V.O.) (CONT)
In Ost- wie auch in Westdeutschland wurden im Kalten Krieg Bunkeranlagen gegraben, um die politische Führung im Falle eines Krieges zu schützen. Bereits 1962 beginnen die Bauarbeiten am Regierungsbunker im Aartal, welches die Verfassungsorgane der Bonner Republik hätte vor dem Atomkrieg schützen sollen. Angeblich das teuerste Gebäude, dass die BRD jemals baute. Im gegensatz zum Bunker in Crivitz kann man die Anlage heute ganz offiziell besichtigen. Aber das ist ein Thema für ein anderes Video.
FADE TO BLACK.
ABSPANN.